Praxis Dr. Finkelstein aktuell

Methodik und Ergebnisse der LWS-Prothesen

SWISSspine

Erstes orthopädisches HTA-Register

Methodik und Ergebnisse der LWS-Prothesen

Universimed.de

Die Fusion ist ein ca. 50 Jahre altes Verfahren um degenerative Wirbelsäulenerkrankungen zu behandeln, und gilt bis heute als ein Goldstandard.1 Die fusionsassoziierte verminderte Beweglichkeit wird jedoch als Ursache für eine beschleunigte Degeneration benachbarter Segmente angesehen. Die dynamische Stabilisierung hat sich über Jahrzehnte zu einer Alternative mit ähnlichem Potenzial in der Schmerzreduktion und theoretischen Vorteilen bezüglich Beweglichkeitserhalt des betroffenen Segmentes entwickelt.1-4

Die Kosten-Nutzen-Frage steht jedoch in der Orthopädie immer mehr zur Debatte, da es nicht um die Rettung von Menschenleben, sondern um die Lebensqualität der Patienten geht. In der spinalen Chirurgie fehlen wissenschaftliche Nachweise für die Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit vieler neuer Verfahren. Daher wird von Meinungsmachern eine generell vorsichtigere Annahme und Verbreitung neuer Technologien gefordert.5 Dieser Denkrichtung folgend hat das schweizerische Bundesamt für Gesundheit im Jahr 2005 ein nationales HTA-Register (Health Technology Assessment) für Bandscheibenprothesen und Ballonkyphoplastie angeregt, um eine Evidenzgrundlage für die abschliessende Entscheidung über die Kostenübernahme dieser Verfahren durch die allgemeine Krankenversicherung treffen zu können.

Entstehung und Methodik

Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern der Industrie, der Schweizer Gesellschaft für spinale Chirurgie (SGS) und des Institutes für evaluative Forschung in orthopädischer Chirurgie (IEFO) erarbeitete SWISSspine, das erste orthopädische HTA-Register in der Schweiz. Ziel war die Implementierung eines Medizinprodukteregisters zur Bereitstellung von Evidenz über die Sicherheit und Effizienz der Bandscheibenprothetik und Kyphoplastie unter klinischen Bedingungen.

Folgende Dokumentationsbögen bilden den obligatorischen SWISSspine-Register-Datensatz: Operationsbogen (Arzt), Implantatbogen (Barcodekleber), Nachuntersuchungsbogen (Arzt), EuroQol-5D (allgemeine Lebensqualität Patient), NASS/COSS-Bogen (krankheitsspezifische Lebensqualität LWS/HWS-Patient), Begleiterkrankungen (Patient), zweifache Einverständniserklärung und Informationsblatt (Patient). Die Primärbögen und Implantatbögen werden durch den Chirurgen im Zuge der Operation ausgefüllt. Der Patient muss sein Einverständnis über die Teilnahme am Register erklären und den EQ-5D, den NASS/COSS und den Begleiterkrankungsfragebogen ausfüllen. Ähnliches geschieht während der Nachuntersuchungen. Die teilnehmenden Chirurgen verpflichten sich bei der Zertifizierung durch die SGS, jede Operation und die vorgeschriebenen Nachuntersuchungen im SWISSspine-Register zu dokumentieren. Durch Abgleich mit den Verkaufszahlen der Industriepartner können die Dokumentationsquoten errechnet werden. Das Register wurde auf der Online-Plattform des IEFO unter www.memdoc.org in den drei Landessprachen implementiert.

Studiencharakteristik

Bis März 2008, 36 Monate nach Registerstart, wurden 427 Patienten mit 497 LWS-Prothesen dokumentiert; 241 weibliche (56,4%) und 186 männliche (43,6%) Patienten mit einem Durchschnittsalter von 41 und 43,4 Jahren. 896 Nachuntersuchungsbögen von 11 bis 915 Tagen (ca. 2,5 Jahre) postoperativ wurden erhoben. Daneben sind 1.253 (360 präoperative, 893 postoperative) EQ-5D und 1.242 (365 präop, 877 postop) NASS-Bögen sowie 342 Komorbiditätserhebungen in der Datenbank.

Ergebnisse

Der präoperative durchschnittliche Rückenschmerz betrug 70,7 Punkte auf der VAS des NASS. 3 Monate nach der Operation wurde der Wert auf 30,7 Punkte reduziert und stieg in der Einjahresnachuntersuchung auf 32 Punkte (p<0,0001). Der durchschnittliche präoperative Beinschmerz betrug 54,7 Punkte, 3 Monate postoperativ noch 23,8 Punkte und nach einem Jahr 20,7 Punkte (p<0,0001).

Der Anteil der Patienten, die keinerlei Schmerzmedikation brauchten, stieg signifikant von 2,5% auf 65,6% nach 3 Monaten und 61,8% nach einem Jahr (p<0,0001). Die Verminderung der NSAIR-konsumierenden Patienten sank von 69,6% vor der Operation auf 28,8% und 29,4% nach 3 bzw. 12 Monaten (p<0,0001). Morphine und Morphinderivate wurden von 28% der Patienten vor der Operation eingenommen. Dieser Prozentsatz sank auf 5,6% in der Nachuntersuchung nach 3 Monaten und stieg auf 8,8% nach einem Jahr an (p<0,0001). Der präoperative mediane Lordosewinkel war 48°. Nach 3 Monaten betrug der Winkel 50° und nach einem Jahr 54°. Der durchschnittliche Wert für segmentale Inklination/Reklination bei monosegmentalen Eingriffen in der Einjahresuntersuchung war 12°/19°. Bei den bisegmentalen Eingriffen betrugen die Winkel 15,5°/23,5° im kranialen und 19°/22° im kaudalen Segment. Der EQ-5D-Wert variiert zwischen 1 (bestvorstellbare Lebensqualität) und -0,6 (Lebensqualität schlechter als Tod). Der präoperative EQ-5D-Wert von 0,32 verbesserte sich auf 0,72 Punkte nach 3 Monaten und weiter auf 0,73 Punkte nach 12 Monaten (p<0,0001).

Bei den insgesamt 357 unisegmentalen Eingriffen wurden 14 intraoperative Komplikationen und 7 Revisionen dokumentiert. Die 70 bisegmentalen Eingriffe zeigten 5 Komplikationen und 3 Revisionen. Die mittlere Aufenthaltsdauer der Patienten mit einer mono-segmentalen Operation war 7,8 Tage, die der Patienten mit bisegmentalen Operationen 8,3 Tage.

Diskussion

Das SWISSspine-Register ist das erste nationale Projekt seiner Art und kann mittlerweile als ein erfolgreiches Unternehmen seit seiner Einführung im Jahr 2005 gesehen werden. Die Zusammenarbeit aller Beteiligten unter dem Mandat des Schweizer Bundesamtes für Gesundheit war und ist bis dato von erfreulicher Transparenz und Konstruktivität geprägt. In kurzer Zeit wurde eine relativ hohe Anzahl von Beobachtungsdatensätzen gesammelt. Die Hauptaufgaben der Studie, Nachweis der Effektivität, Sicherheit und Kosteneffizienz der Arthroplastie, wurden erfüllt und eine Basis für Langzeitdatensammlungen und Analysen geschaffen. Die vorläufigen Ergebnisse, welche dem BAG für die eidgenössische Leistungskommission (ELK) im Juni 2007 vorgelegt werden konnten, führten zu einer Verlängerung der Deckung der Bandscheibenprothetik durch die Grundversicherung mit weiterer Auflage der Dokumentation im SWISSspine-Register. Diese Entscheidung wird Ende 2008 mit neuen Daten nochmals überprüft. Die Ballonkyphoplastie ist dagegen unter Auflage weitergeführter Dokumentation in den Grundversicherungskatalog aufgenommen worden.

Folgerung und Ausblick

Die Auswertung des SWISSspine-Registers zeigt, dass die lumbale Bandscheibenprothetik eine Alternative zur Fusion in Bezug auf Schmerzreduktion von Rücken und Bein sowie Verbesserung der Beweglichkeit der Wirbelsäule ist. Damit sind eine Verbesserung der Lebensqualität, verminderter Medikamentenkonsum und eine geringe Komplikations- bzw. Revisionsrate verbunden. Langzeitergebnisse hinsichtlich Degeneration angrenzender Segmente müssen noch abgewartet werden. Das Register kann als Basis für weiterführende Datensammlungs- und Evaluationsprojekte im Schweizer Gesundheitswesen betrachtet werden. Es kann ausserdem als ein Modell für vergleichbare Studienansätze in anderen Ländern oder anderen Bereichen des Gesundheitswesens gesehen werden. Als nächste Kandidaten in der Orthopädie werden interspinöse Spacer und posteriore dynamische Stabilisationsverfahren mit Pedikelschrauben ins Register aufgenommen.


Literatur:

1 Errico T J: Lumbar disc arthroplasty. Clin Orthop Relat Res 2005; 435: 106-17

2 Mayer H M: Total lumbar disc replacement. J Bone Joint Surg Br 2005; 87(8): 1029-37

3 Schulte T L et al: Lumbar disc arthroplasty. Estab-lished technique or experimental procedure? Orthopäde 2005; 34(8): 801-13

4 Baur-Melnyk A, Birkenmaier C, and Reiser M F: Lumbar disc arthroplasty: indications, biomechanics, types, and radiological criteria. Radiologe 2006; 46(9): 768, 770-8

5 Deyo RA, Nachemson A, and Mirza SK: Spinal-fusion surgery - the case for restraint. N Engl J Med 2004; 350(7): 722-6

Autor:

C. Röder1, 2, E. Schluessmann1, E. Aghayev1, P. Moulin3, M. Aebi1

  1. Institut für Evaluative Forschung in Orthopädischer Chirurgie, Universität Bern
  2. Abtlg. für Wirbelsäulenchirurgie, Inselspital Bern
  3. Schweizer Paraplegikerzentrum, Nottwil, Schweiz

Korrespondierender Autor: Dr. med. Christoph Röder, MPH, Wissenschaftlicher Oberassistent, MEM Forschungszentrum für Orthopädie, Institut für Evaluative Forschung in Orthopädischer Chirurgie, Universität Bern, Stauffacherstrasse 78, 3014 Bern, E-Mail: christoph.roeder@memcenter.unibe.ch

  02.07.2008



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